Das Vereinigte Königreich hat am 29. März 2017 offiziell den Austritt aus der Europäischen Union eingeleitet. Am Freitag, den 31. Januar 2020, rund drei Jahre später, tritt der Brexit tatsächlich in Kraft. Die deutsche Landwirtschaft hat unterdessen größtes Interesse, auch nach dem Austritt die engen Handelsbeziehungen mit dem europäischen Nachbarn aufrecht zu erhalten.
In Folge des britischen Referendums vom 23. Juni 2016 hat das Vereinigte Königreich (VK) am 29. März 2017 offiziell den Austritt aus der Europäischen Union (EU) eingeleitet. Seit Mitte 2017 laufen zwischen dem VK und der EU Verhandlungen über einen Austrittsvertrag. Diese zum Teil turbulenten Verhandlungen haben nicht nur zu zweifachen Neuwahlen im VK geführt, sondern auch zum Rücktritt der ehemaligen Premierministerin Theresa May und zahlreichen anderen Regierungsmitglieder. Bei der letzten Parlamentswahl konnte Premierminister Boris Johnson mit seiner konservativen Partei eine deutliche absolute Mehrheit der Parlamentssitze gewinnen. Johnson, der von Anfang an als Befürworter des Brexit auftrat, war mit dem Versprechen angetreten, den Austritt schnellstmöglich über die Bühne zu bringen.
Exporte für 4,7 Milliarden Euro ins Vereinigte Königreich
Die deutsche Landwirtschaft hat unterdessen größtes Interesse am Erhalt möglichst enger Handelsbeziehungen mit dem VK. Es muss vermieden werden, dass sich die enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der EU und dem VK lockert. So ist Großbritannien ein bedeutender Markt für die deutsche Agrar- und Ernährungswirtschaft. Die Exporte der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft betrugen zuletzt ca. 4,7 Milliarden Euro, die britischen Agrarimporte nach Deutschland lediglich 1,5 Milliarden Euro (beides 2018). Damit ist das Vereinigte Königreich für Deutschland das Land mit dem größten Nettoagrarexport-Saldo.
EU-Binnenmarkt darf nicht zur Disposition stehen
Für die Verhandlungen über die neuen Beziehungen des VK zur EU gibt es aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes klare Prioritäten. Der Verhandlungsprozess muss geordnet stattfinden. Dabei gilt es, die Integrität der Union im Blick zu behalten. Der EU-Binnenmarkt darf nicht zur Disposition stehen. Darüber hinaus wird die britische Regierung ihre Zusagen im aktuellen EU-Haushaltsrahmen einhalten und auch weiterhin zu den Programmen stehen müssen, zu denen sie sich verpflichtet hat und die über 2020 hinausgehen.
Zollfreier Handel bleibt Priorität
Es bleibt indes wünschenswert, dass das VK im Binnenmarkt und in der Zollunion verbleibt. Auf diese Weise könnten ein zollfreier Handel mit der EU aufrechterhalten und nichttarifäre Handelshemmnisse begrenzt werden. Dies wäre für die deutsche und europäische Landwirtschaft der „optimale Ausgang“ des Verhandlungsprozesses. Wenn ein solcher Ausgang nicht erreicht werden kann, sollten die EU und das VK eine neue Zollregelung finden, welche einen reibungslosen Handel so gut wie möglich gewährleistet, während gleichzeitig die Integrität des Binnenmarkts erhalten bleibt. Zollfreier Handel bleibt eine Priorität. In diesem Zusammenhang gilt es auch, eine Wiedereinführung von Veterinär- und Pflanzenschutzzertifikaten zu vermeiden. Stattdessen ist es notwendig, dass sich EU und VK auf die gegenseitige Anerkennung von Lebensmittelsicherheitsstandards einigen. Gleichermaßen wird es von entscheidender Bedeutung sein, die Errichtung neuer nichttarifärer Handelshemmnisse in Form von Zoll- oder Grenzvorschriften zu vermeiden. Zudem ist eine Vereinbarung über den für beide Seiten nutzbringenden Zugang zu den Gewässern der EU und des Vereinigten Königreichs sinnvoll. Der DBV verfolgt den Fortgang der Verhandlungen mit größter Aufmerksamkeit. Aus Sicht des DBV ist eine verlängerte Übergangsphase von zwei Jahren für die Lösung der zentralen handelspolitischen Fragen zwischen der EU und dem VK wünschenswert. Eine verlängerte Übergangsphase verringert das Risiko von Handelsstörungen sowie zusätzlicher Kosten für die europäischen Landwirte und Genossenschaften deutlich.
Verhandlungsführer EU und VK in der Pflicht
Eine ungeordnete Situation am Ende der Übergansphase, die einem „hard-Brexit“ gleichkommen würde, gilt es zu vermeiden. Dies würde schwere wirtschaftliche Schäden auf beiden Seiten des Ärmelkanals verursachen. Die Verhandlungsführer der EU und des VK stehen hier in der Pflicht. Letztlich muss ein Verhandlungsergebnis stehen, bei dem beide Seiten in enger Partnerschaft verbunden bleiben können.