Nach den Ergebnissen des DBV-Konjunkturbarometers Agrar für den Monat September hält die schlechte Stimmungslage in der deutschen Landwirtschaft an. Ursachen sind die ungünstigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen der für den Menschen ungefährlichen Afrikanischen Schweinepest (ASP).
Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, hält die Ergebnisse dieser repräsentativen Umfrage für besorgniserregend: „Corona, schlechte Ernteergebnisse und nun die Afrikanische Schweinepest sind eine sehr gefährliche Mischung für unsere Betriebe, die den Strukturwandel noch einmal deutlich beschleunigen könnte. Die seit langem anhaltende schlechte wirtschaftliche Situation in unseren Betrieben macht mir große Sorgen.“
Der Indexwert des Konjunkturbarometers Agrar fällt mit 12,3 sogar noch etwas schlechter aus als in der vorangegangenen Befragung vom Juni 2020 (15,8). Der Indexwert bildet die Einschätzung der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung und die Erwartungen an die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung ab. Während die aktuelle wirtschaftliche Lage gegenüber Juni spürbar schlechter bewertet wird, zeugt die Einschätzung der zukünftigen Lage unverändert von einer im Zeitvergleich nur geringen Zuversicht.
Die Investitionsplanungen der Landwirte für die kommenden sechs Monate sind weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. Nur 31 Prozent der Landwirte wollen in dieser Zeit investieren. Das für die nächsten sechs Monate geplante Investitionsvolumen liegt mit 5,0 Milliarden Euro um 0,1 Milliarden Euro unter dem entsprechenden Vorjahresstand. Rückläufig sind vor allem Investitionen in Wertschöpfung schaffende und Tierwohl fördernde Ställe einschließlich Hof- und Stalltechnik. Dafür sind im nächsten halben Jahr nur 2,3 Milliarden Euro an Investitionen vorgesehen, wiederum 0,3 Milliarden Euro weniger als im Vorjahr. „Dieser Befund muss ein Alarmsignal für die Politik sein“, mahnt DBV-Präsident Rukwied. „Der vielbeschworene Umbau der Tierhaltung und vor allem mehr Tierwohl kann ohne Investitionen nicht gelingen. Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier weit auseinander. Dazu kommt, dass neben einer faktischen bau- und genehmigungsrechtlichen Blockade solcher Bauvorhaben auch das Vertrauen in verlässliche politische Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der Tierhaltung fehlt. Der aktuelle Stillstand bei der Baurechtsnovelle bremst Investitionen in noch mehr Tierwohl aus und verschärft das Problem zusätzlich“, so Rukwied.
Die Liquidität der Betriebe hat sich seit Dezember 2019 kaum verändert. Im September 2020 gaben 15 Prozent der Betriebe an, dass ihre Liquiditätslage angespannt oder sehr angespannt ist. Besonders hoch ist dieser Anteil unter den Veredlungsbetrieben (20 Prozent) und in den Betrieben im Osten Deutschlands (27 Prozent). Auf der Notenskala von 1 bis 5 wird die aktuelle wirtschaftliche Situation im Durchschnitt der Betriebe mit 3,12 ähnlich ungünstig beurteilt wie die zukünftigen Aussichten mit einem Wert von 3,22. Während Veredlungsbetriebe wegen der ASP-bedingten negativen Marktauswirkungen eine erhebliche Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage beklagen und auch Futterbetriebe eine gewisse Verschlechterung ihrer Lage sehen, schätzen Ackerbaubetriebe ihre Lage etwas günstiger ein als noch im Juni.
Die Zukunftserwartungen sind in allen Betriebsformen wenig optimistisch. In Futterbaubetrieben setzt sich zwar der Trend zu mehr Zukunftszuversicht fort, Ackerbaubetriebe aber beurteilen die künftige wirtschaftliche Lage aktuell pessimistischer als noch im Juni. Nach Ausbruch der ASP in Deutschland erreichen die Zukunftserwartungen der Veredlungsbetriebe sogar einen bislang nicht gekannten Tiefpunkt.
Im Jahresvergleich fällt die Beurteilung der Schweinepreise erheblich schlechter aus. Die Milchpreise werden etwas schlechter beurteilt als im September 2019. Günstiger werden im Jahresvergleich die Preise für Getreide, Düngemittel und Treibstoffe bewertet. Die politischen Rahmenbedingungen haben weiterhin einen eher negativen Einfluss auf die Stimmungslage der Landwirte.
Die Corona-Krise hinterlässt ihre Spuren auch in der Landwirtschaft, auch wenn die unmittelbare Betroffenheit im Laufe des Jahres deutlich abgenommen hat. Aktuell fühlen sich 8 Prozent der repräsentativ befragten Landwirte von der Corona-Krise in ihrem Wirken eingeschränkt (März 11 Prozent) und 18 Prozent wollen ihre geplanten Investitionen deswegen auf unbestimmte Zeit verschieben (März 26 Prozent). Nur noch 25 Prozent der Landwirte teilen die Einschätzung, dass mit der Corona-Situation die Landwirtschaft wieder einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft bekommen wird. In der Märzerhebung waren es noch 46 Prozent. 44 Prozent der Landwirte (März 47 Prozent) sind dagegen der Meinung, dass durch das Virus die Sorgen und Nöte der landwirtschaftlichen Betriebe aus dem Blick geraten könnten.
Das Konjunktur- und Investitionsbarometer Agrar wird vierteljährlich im Auftrag des DBV, des VDMA Fachverbandes Landtechnik und der Landwirtschaftlichen Rentenbank in einer repräsentativen Umfrage ermittelt. Zur aktuellen Runde im September 2020 befragte das Marktforschungsinstitut Produkt + Markt dazu 851 Landwirte in ganz Deutschland.