Der Deutsche Bauernverband e.V. und die Union der deutschen Kartoffelwirtschaft e.V. warnen davor, dass zunehmende Fälle von Kraut- und Knollenfäule in Europa den Anbau von, die Versorgung mit und die Wertschöpfung aus Kartoffeln gefährden.
„Die Gefahr massiver Krautfäule-Ausbrüche ist so groß, wie schon lange nicht mehr“, betont Olaf Feuerborn, Vorstandsvorsitzender der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft e.V. (UNIKA) sowie Vorsitzender des Fachausschusses Kartoffeln im Deutschen Bauernverband e.V. (DBV). In jüngerer Zeit ist es insbesondere in Dänemark und den Niederlanden zu regelrechten Krautfäule-Epidemien mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden gekommen. Hoher Krankheitsdruck und die wiederholte Anwendung einer ohnehin bereits stark einge-schränkten Auswahl an Pflanzenschutzmitteln in Verbindung mit reduzierten Aufwandsmengen resultierten in einer erzwungenen Vernachlässigung des notwendigen Resistenzmanagements.
Feucht-warme Witterungsbedingungen, wie wir sie in den meisten Regionen erleben, fördern das Wachstum des Pilzes ganz besonders. „Dem gilt es wirksam und zeitnah gegenzusteuern. Unsere Kartoffelbauern müssen auch künftig in die Lage versetzt werden, ihre Feldbestände gesund zu erhalten, um die beliebten Knollen für alle Verwertungsrichtungen bereitstellen zu können. Eine Wiederholung der Fehler unserer Nachbarländer können wir uns nicht leisten.“
Die Kraut- und Knollenfäule ist die bedeutendste Krankheit bei Kartoffeln und wird durch den aggressiven Pilz Phytophthora infestans ausgelöst. Dieser befällt sowohl das Laub als auch die Knollen und kann innerhalb weniger Tage ganze Ernten vernichten. Das führte Mitte des 19. Jahrhunderts in Irland zu Hungernöten. Heute ist der anpassungsfähige Pilz in einigen europäischen Ländern wieder auf dem Vormarsch, denn er entwickelt schnell Resistenzen gegen Fungizide und kann in den Kartoffelsorten vorhandene Resistenzgene überwinden. Dadurch gehen wertvolle Werkzeuge für ein wirkungsvolles Krautfäule-Management verloren.
Die Verbände UNIKA und DBV unterstützen daher den am 30. Mai 2024, dem 1. Internationalen Tag der Kartoffel, von der Europäischen Kartoffelallianz verkündeten Aufruf für einen EU-Aktionsplan gegen Kraut- und Knollenfäule (Link). Dieser richtet sich sowohl an die Akteure entlang der Wertschöpfungskette Kartoffeln als auch an Entscheider in Politik, Behörden, Beratung und Forschung. Unterteilt in kurz- und mittelfristige Maßnahmen enthält er Handlungsweisen, Empfehlungen sowie Forderungen für die Bereiche Forschung, Züchtung, Beratung, Monitoring, integrierter Pflanzenschutz und Agrarpolitik. Die deutsche Version des EU-Aktionsplans ist hier abrufbar.
„Es muss gelingen, die europaweit rasche Ausbreitung neuer, besonders aggressiver Pilzstämme von Phytophthora infestans sowie die weitere Entwicklung von Resistenzen bei Wirkstoffen und Kartoffelsorten zu verhindern. Der Werkzeugkasten muss wieder gefüllt werden“, so Feuerborn. „Dafür braucht es ein gemeinsames, stufen- und länderübergreifendes Zusammenwirken sowie den Schulterschluss mit nationalen und europäischen Behörden, um Lösungen zu erarbeiten.“
Zukunftsweisende Phytophthora-Strategien im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes beinhalten nicht nur vorbeugende phytosanitäre Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen, sondern gleichermaßen wirksame fungizide Pflanzenschutzprodukte ebenso wie Kartoffelsorten mit robusten Resistenzeigenschaften. Nur die abgestimmte Kombination dieser Faktoren ermöglicht es, die Pflanzen zu schützen und gleichzeitig die Resistenzeigenschaften und fungiziden Wirkmechanismen zu erhalten.