Was wurde in den USA beobachtet?
Seit März 2024 wird von einem Infektionsgeschehen in US-amerikanischen Milchviehherden durch ein Vogelgrippevirus der Variante HPAIV H5N1 berichtet. Inzwischen sind Rinderbetriebe im unteren dreistelligen Bereich in verschiedenen US-Bundesstaaten betroffen. Es besteht die Vermutung, dass der Infektionsursprung in einem texanischen Rinderbetrieb liegt, von dem das Virus durch Transporte von infizierten Tieren oder auch kontaminierten Gerätschaften in andere Rinderherden verbreitet wurde. Hier wird nach derzeitigem Stand von einem Einzelereignis durch infizierte Wildvögel mit hoher Viruslast in diesem texanischen Betrieb ausgegangen.

Wie geht es den Kühen?
Die erkrankten Milchkühe weisen i.d.R. Euterentzündungen, Milchrückgang und Fieber auf. Sie erholen sich aber wieder. Die Ausbreitungswege innerhalb einer Milchviehherde sind noch nicht abschließend belegt. Es wurden relativ hohe Virenkonzentrationen im Euter und in der Milch in den US-Milchviehherden gefunden, sodass die Experten von einer Übertragung durch Milchrückstände beim Melken o. ä. ausgehen. Eine Tröpfcheninfektion oder Übertragung durch direkten Kuhkontakt wird derzeit jedoch nicht ausgeschlossen.

Was bedeutet das für den Verbraucher?
Untersuchungen von US-Behörden mittels PCR-Tests haben genetische Restspuren des H5N1-Virus in pasteurisierter Konsummilch in US-Supermärkten gefunden – aber keine infektiöse Milch. Die US-Gesundheitsbehörde FDA ordnet den Konsum von pasteurisierter Milch als gesundheitlich unbedenklich ein und rät vom Konsum nicht-pasteurisierter (nicht-erhitzter Roh-)Milch ab. Durch das Pasteurisieren (Erhitzen) wird das H5N1-Virus zerstört. Die im Lebensmitteleinzelhandel erhältliche Konsummilch ist in der Regel erhitzt bzw. pasteurisiert.

Sind bisher Menschen an dem H5N1-Virus erkrankt?
Bisher sind nur Einzelfälle in den USA bekannt, in welchen Personen Kontakt mit infizierten Milchviehherden hatten. Die mit dem H5N1-Virus infizierten Menschen wiesen meist milde Symptome einer Bindehautentzündung und in einem Fall Husten auf. Weitere getestete Kontaktpersonen wiesen einen negativen Befund auf, waren also nicht infiziert. FAO, WHO und WOAH benennen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit sporadischer Infektionen für Arbeitskräfte in Milchviehbetrieben. Für beruflich exponierte Personengruppen planen die USA und Europa die Entwicklung eines Impfstoffes. Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) stuft nach aktueller Einschätzung das Risiko einer Influenzaübertragung auf die allgemeine Bevölkerung als gering ein.

Was sagt die Wissenschaft zu einem potenziellen Viruseintrag in deutsche Rinderherden?
In Europa gibt es aktuell keine Hinweise auf ähnliche Vorfälle. Laut dem Friedrich-Löffler-Institut (FLI) haben erste Untersuchungen von 1.400 Proben Rinderserum keinen Hinweis auf H5N1-Infektionen in Deutschland ergeben. Derzeit wird ein weiteres, staatlich koordiniertes bundesweites Screening von Milchviehbeständen auf Basis der Tankmilchproben durch Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Veterinärbehörden und Milchviehhaltern durchgeführt. Auch hier waren erste Ergebnisse negativ.
Das FLI schätzt das Infektionsrisiko für Deutschland derzeit als sehr gering ein – sowohl das einer Einschleppung der amerikanischen H5N1-Virusvariante nach Deutschland als auch das einer Infektion und Ausbreitung unter Rindern mit den europäischen HPAI H5-Viren. Die Handelsdaten belegen, dass in 2023 und bis heute weder Rohmilch noch lebende Rinder als mögliche Eintragsquellen von den USA nach Deutschland importiert worden sind. Weiterhin unterscheidet sich das System der Tierseuchenbekämpfung in der EU und insbesondere in Deutschland deutlich von dem in den USA. Eine unkontrollierte Ausbreitung durch den Transport laktierender Kühe über große Entfernungen ist in Deutschland aufgrund restriktiver tierseuchenrechtlicher Maßnahmen nahezu ausgeschlossen. Eine Untersuchung des FLI von 2006 bis 2008 ergab zudem ein sehr geringes Infektionsrisiko für Rinder durch das damals zirkulierende H5N1-Virus.

Was können Milchviehhalter in Deutschland vorbeugend tun?
Die Empfehlungen des FLI zu den vorbeugenden Maßnahmen zielen auf die Kontaktvermeidung zu potenziell belasteten Gegenständen und Personen ab. Das betrifft

  • nach Deutschland gelangte Lebensmittel durch US-Reiseverkehr und ggf. deren sachgemäße Entsorgung,
  • die Information der Öffentlichkeit darüber, dass keine Fütterung von Rindern mit Speiseabfällen oder Milchprodukten erfolgt,
  • die Einhaltung von Quarantänezeiten über eine Dauer von drei Tagen für Personen, die aus betroffenen US-Regionen zurückkehren und auf Milchviehbetrieben tätig sind. Es sind Desinfektion der Ausrüstungs- bzw. Kleidungsgegenstände dieser Personen vor Betreten von Milchviehbetrieben zu bedenken,
  • bei unklaren und gehäuften Erkrankungsfällen Untersuchung des Milchviehbestandes und ggf. weiterer Tierarten des Betriebs auf HPAIV H5-Virus,
  • Kontaktminimierung zu potenziell mit HPAIV H5-Virus belasteten Materialien, z. B. mit Vogelkot beschmutzte Gegenstände auf der Weide oder im Stall,
  • verstärkte Sensibilisierung von Betrieben, die Rohmilch ab Hof verkaufen (z.B. Milchtankstellen). Deutlicher Hinweis an Konsumenten, dass Rohmilch vor dem Verzehr abzukochen ist.

Qualitätssicherung in der deutschen Milcherzeugung
Rund 90 Prozent der knapp 50.000 deutschen Milchviehhalter lassen sich nach dem QM-Milch Standard auditieren. Dieser gibt seit 2011 strenge, nachprüfbare Qualitätsstandards für die Milcherzeugung vor und definiert bundesweit einheitliche Kriterien. So auch zur Sicherung der Tierseuchen-, Melk- und Futtermittelhygiene. Mit dem QM-Standard wird nicht nur die Qualität des Produktes gesichert, sondern auch der gesamte Produktionsprozess transparent und rückverfolgbar.  

Weiterführende Links und Quellen: