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Bernhard Krüsken
Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes
Foto: Breloer/DBV

Was davon am Ende übrig bleibt, hängt weniger vom Inhalt, sondern von Koalitionsverhandlungen, vom Bund-Länder-Gefüge oder von europäischen Abläufen ab. Wie sehr sich die geschriebene Programmatik der Parteien von der tagespolitischen Wirklichkeit unterscheidet, zeigt gerade für die Landwirtschaftspolitik das zwiespältige Ergebnis dieser zu Ende gehenden Legislaturperiode.

Verlässlichkeit statt Worthülsen

Nach den zurückliegenden Monaten und Jahren, in denen viele politische und gesetzgeberische Weichenstellungen zu Lasten der Landwirtschaft erfolgt sind, fragen sich viele Landwirte, ob agrarpolitische Substanz noch vorhanden ist und wo ihre Interessen noch Gewicht haben. Hinzu kommt, dass dieser Wahlkampf auch außerhalb der Agrarpolitik bisher die tatsächlichen Herausforderungen und notwendigen Lösungen geflissentlich ausblendet und stattdessen um persönliche Befindlichkeiten, den richtigen Gesichtsausdruck beim Hochwasser, symbolträchtige Nebenkriegsschauplätze und getwitterte Empörungswettläufe kreist. Gründe genug, sich Sorgen zu machen, zumal gerade die Landwirtschaft in Zeiten der herumwabernden Transformationsrhetorik keine Worthülsen, sondern fachlich brauchbare und verlässliche Rahmenbedingungen benötigt.

Zukunftskommission Landwirtschaft definiert Kompromisslinie

Der Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat die Herausforderungen für unsere Branche sauber aufgelistet, die Arbeit in der Kommission hat gezeigt, dass die dazu notwendigerweise komplexen Entscheidungen mühsam sind. Es waren alle für die Agrarpolitik relevanten Gruppen vertreten, die sich auf eine gemeinsame Kompromisslinie verständigt haben. Politik und Gesetzgebung können und sollen sich an den Empfehlungen der ZKL orientieren. Dennoch sind die Empfehlungen kein fertiges Rezeptbuch, sondern zugegebenermaßen in einigen Teilen generell und als Ziel formuliert. Der Weg zur gesetzgeberischen Umsetzung erfordert daher noch fachliche Konsequenz und handwerkliches Geschick, das in vielen Wahlprogrammen bislang nicht sichtbar ist.

Parteien zur Bundestagswahl im Programmcheck

Trotzdem: Auch wenn sich die Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Handeln erst im Nachhinein feststellen lässt, ist ein gründlicher Check dieser Absichten auf Wirklichkeitskompatibilität und auf eventuelle Folgen für die Betroffenen unerlässlich. Genau das wollen wir im Vorfeld der Bundestagswahl im September mit der Deutschen Bauern Korrespondenz (dbk) tun. Wir haben den Parteien für diesen Programmcheck 12 Fragen zu einigen Grundsatzthemen der Agrarpolitik gestellt; die Antworten finden Sie in der Augustausgabe der dbk. Diesen Check setzen wir parallel in detaillierterer Form online mit unserem DBV-AgriMeter fort, der nach dem Muster des bekannten Wahl-O-Mat aufgebaut ist und Ihre Antworten gleich in ein Ranking der Parteien umsetzt. Checken Sie die Programme und gehen Sie wählen – es geht trotz allem um die zukünftigen Rahmenbedingungen für unsere Arbeit, unsere Branche und unsere Betriebe.

Hochwasserkatastrophe: aktive Unterstützung und Hilfe durch Landwirte

Die jüngste Hochwasserkatastrophe hat schwere Schäden verursacht. Auch die Landwirtschaft ist massiv betroffen.

(Foto: Christoph Deckers)

Die Hochwasserkatastrophe hat die betroffenen Regionen mit voller Wucht und weitgehend unvorbereitet auf das Ausmaß des Geschehens getroffen. Den apokalyptischen Bildern der Zerstörungen ist nichts hinzuzufügen; wohlfeile Schlaumeiereien über den Klimawandel und den Raum, den Flüsse angeblich wieder brauchen, sind vor diesem Hintergrund unangebracht und unangemessen. Ein Lichtblick war die riesige Solidarität unter Landwirten und die schnelle und reibungslose gegenseitige Hilfe. Das gilt auch für die vielen Landwirte, die sich spontan aus allen Teilen der Republik auf den Weg gemacht haben, um mit schwerem Gerät und enormem Engagement bei den Aufräumarbeiten zu helfen – dafür vielen Dank! Ohne den zuständigen Behörden und sozusagen amtlichen Helfern nahetreten zu wollen: Man mag sich nicht vorstellen, wie die Wochen nach der Katastrophe ohne diese Hilfe, deren Geschwindigkeit und vor allem Flexibilität verlaufen wären.

Deutscher Bauernverband richtet Spendenkonto ein

Schnelle Hilfe für die von der Katastrophe betroffenen Landwirte war zunächst in Punkto Logistik gefragt. Strom, Tränkwasser, Unterbringung von Tieren, Futterbörsen und vieles mehr entstand vor Ort. Für die finanzielle Unterstützung zur akuten Krisenhilfe und für den Wiederaufbau hat der DBV über die Schorlemer-Stiftung eine Spendenaktion gestartet, die mit großem Erfolg angelaufen ist und die ein weiteres Beispiel für große berufsständische Solidarität liefert. Bei Redaktionsschluss war bereits ein siebenstelliger Betrag erreicht, Tendenz weiter stark steigend. Die Mittel werden verwendet, um den vom Hochwasser massiv geschädigten Betrieben in den betroffenen Regionen eine erste Überbrückungshilfe an die Hand zu geben und so einen Teil zur Schadensbewältigung beizutragen. Die Landes- und Kreisbauernverbände vor Ort sind in das Verfahren einbezogen, so dass eine effektive und zielgerichtete Verteilung dieser Mittel gewährleistet ist.

Kurzfristige Krisenhilfe und zukünftige Schadensvorsorge

Zusätzliche Schutzinfrastruktur muss auch für die Landwirtschaft aufgebaut werden.

(Foto: Anna Madert)

Nach der kurzfristigen Krisenhilfe wird der zukünftige Umgang mit solchen Risiken zu klären sein. Für eine ernsthafte Diskussion über zukünftige Schadensvorsorge jenseits der Wahlkampfrhetorik bleibt aber festzuhalten: Klimapolitisch „korrektes“ Verhalten allein hilft nicht, auch der gerne geforderte völlige Rückzug menschlicher Aktivitäten aus den Überflutungsgebieten ist für die meisten Regionen keine Option. Es muss darum gehen, zusätzliche Schutzinfrastruktur aufzubauen. So wie die im Zuge des Klimawandels häufigeren Dürrephasen eine Nachrüstung bei der öffentlichen Wasser- und Bewässerungsinfrastruktur erfordern, muss das auch beim Hochwasserschutz umgesetzt werden. Landwirtschaftliche Flächen müssen in diesen Schutz eingeschlossen werden und dürfen nicht nur als Verfügungsmasse für Flutpolder herhalten. Bei aller Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Versicherungslösungen für die Folgen zunehmender Wetterextreme: Großschäden dieser Art lassen sich dadurch nicht mehr bewältigen, hier bleibt die klassische Katastrophenhilfe gefordert.