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Bernhard Krüsken
Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes
Foto: Breloer/DBV

Beigetragen hat dazu sicher auch die Positionierung des „theoretisch alternativen Koalitionspartners“ in den Tagen nach der Wahl. Unsere Politikfelder einschließlich des Kernbereiches Landwirtschaft und Ernährung sind in separaten Verhandlungsgruppen platziert und nun geht es darum, die unübersehbaren programmatischen Gegensätze zusammenzubringen.

Aufbruch und Transformation

Der rhetorische rote Faden ist Aufbruch und Transformation, mit der die großen Herausforderungen angegangen werden sollen. Die Verantwortung, der die Verhandler gerecht werden müssen, ist enorm. Das gilt auch und gerade für die Landwirtschaft, die auf der einen Seite unter massivem wirtschaftlichem Druck steht und deshalb mitten in einem drastischen und rasanten Strukturwandel steckt (der übrigens sämtlichen agrarpolitischen Zielbildern der zurückliegenden Jahre entgegenläuft). Auf der anderen Seite wachsen die Aufgaben und Ansprüche, die bewältigt werden sollen: Klimaschutz, mehr Biodiversität und mehr Tierwohl. Was auch immer die Verhandler zusammenbringen, es wird eine Operation am lebenden Patienten – und das Risiko ist groß, dass dieser auf dem OP-Tisch bleibt.

Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft berücksichtigen

Dabei sind große Teile dessen, was in eine solche Koalitionsvereinbarung gehört, schon ausverhandelt und geschrieben. Die Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft sind von relevanten Stakeholdern der Ampel-Parteien vereinbart und getragen. Sie beziehen sich auf die im Sondierungspapier genannten Herausforderungen, eben Klimaschutz, Biodiversität und Tierwohl, aber auch Regionalität, Wertschätzung, Wertschöpfung und wirtschaftlich tragfähige Perspektive. Natürlich verlangen sie der Landwirtschaft einiges ab, aber es ist ein Interessenausgleich, an dem die Politik egal welcher Farbe nicht vorbeisehen kann und darf. Die Empfehlungen verstehen sich auch nicht als Steinbruch, aus dem man nach Belieben aussuchen kann. Rosinenpickerei ist nicht zulässig, das Ganze zählt.

Wirtschaftliche Perspektiven schaffen

Andersherum formuliert: Wer dieses Paket wieder öffnet oder wieder in mehr Verbotspolitik und Ordnungsrecht zurückfallen will, stellt nicht nur eine funktionierende Landwirtschaft in Frage, sondern torpediert auch die erfolgreiche Bewältigung der oben genannten großen Herausforderungen. Auch der vielleicht verlockende Aufbau von Verhandlungsmasse erscheint dann eher als billiges Manöver. Wer Landwirtschaft weiterentwickeln oder „transformieren“ will, muss zuerst dafür Sorge tragen, dass sie wirtschaftlich überlebt. Das gilt gleichermaßen für die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung. Hier hat schon die große Koalition die Chance verpasst, für die Tierhaltung, aber vor allem für die gesellschaftlich gewünschte Art der Tierhaltung eine Zukunftsperspektive zu schaffen. Dieser Fehler darf sich nicht wiederholen, der Export der Tierhaltung ist keine Option.

Die Koalitionäre können und müssen die einmalige Chance nutzen, den erreichten zivilgesellschaftlichen Konsens in konkrete Politik umzusetzen. Das würde nicht nur der Verantwortung für den Sektor Landwirtschaft und Ernährung Rechnung tragen, sondern wäre auch eine gute Antwort auf eine Vertrauensfrage der besonderen Art.