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Joachim Rukwied
Präsident des Deutschen Bauernverbandes
Foto: DBV_Breloer

Für unsere Branche war das zurückliegende Jahr erneut ein extrem herausforderndes, gleiches gilt für den Verband. Die Corona-Krise hat auch viele landwirtschaftliche Betriebe hart getroffen, zudem haben Tierseuchen wie die Afrikanische Schweinepest und die Vogelgrippe Deutschland erreicht, im Ackerbau hatten einige Regionen im dritten Jahr in Folge mit der Trockenheit zu kämpfen und der Milchpreis liegt dauerhaft auf einem unbefriedigenden Niveau. Die vorübergehenden, coronabedingten Schließungen einiger großer Schlachthöfe und die Afrikanische Schweinepest haben unsere Schweinehalter in die größte Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Der Erzeugerpreis ist regelrecht eingebrochen, obwohl die Preise im Handel stabil blieben. Hier zeigen sich erneut die Ungleichgewichte innerhalb der Lebensmittelkette, die zu Lasten der Landwirte gehen.

Die Corona-Pandemie prägte auch die Verbandsarbeit. Neben den Herausforderungen, Erntehelfer ins Land zu bekommen, waren beispielsweise Coronahilfen, EU-Agrarförderung, Insektenschutz und Tierwohl Themen, die den Deutschen Bauernverband stark gefordert haben. Ein hartes Geschäft, denn der gesellschaftliche Wandel bildet sich auch in den politischen Entscheidungen ab.

Aber der Deutsche Bauernverband hat greifbare Erfolge vorzuweisen. Im ersten Corona-Lockdown haben wir unter anderem erreicht, dass über 40.000 Saisonarbeitskräfte mit dem Flugzeug einreisen konnten, obwohl die Grenzen zu unseren osteuropäischen Nachbarn geschlossen waren. Außerdem haben wir in vielen Gesprächen in Berlin und Brüssel mit dazu beigetragen, dass der wichtige Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) für Landwirtschaft und Ländliche Räume stabil bleibt. Das war im Angesicht des Brexit so nicht zu erwarten, ist aber die Voraussetzung, dass die Landwirte gesellschaftliche Leistungen im Umweltschutz erbringen können. Darüber hinaus wird nun die sogenannte UTP-Richtlinie in Deutschland umgesetzt, eine langjährige Forderung des DBV, die den Erzeugern mehr Gewicht in der Lieferkette geben soll. Des Weiteren haben wir gemeinsam mit der Molkereibranche die „Milchstrategie 2030“ auf den Weg gebracht, die im kommenden Jahr mit der Branchenkommunikation Milch startet.

Die Haushaltsmittel des Bundeslandwirtschaftsministeriums sind weiter gewachsen. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Zukunftssicherung. Diese zusätzlichen Mittel sollen vor allem für mehr Klimaschutz und Ressourceneffizienz sowie für Gewässerschutz und Tierwohl eingesetzt werden. Der Bauernverband arbeitet mit Nachdruck daran, dass diese förderpolitischen Impulse tatsächlich und zügig bei den Landwirten ankommen. Dazu sind vor allem im Baurecht und im Immissionsschutzrecht schnelle Entscheidungen der Koalition nötig, die unter anderem den Bau von Tierwohlställen einfacher möglich machen. Die Regierungskoalition muss diese ersten Schritte aus dem „Borchert-Plan“ auch umsetzen.

Auch die EEG-Novelle 2021 stellt ein deutlich verbessertes Angebot für die Weiterentwicklung von landwirtschaftlichen Biogasanlagen dar, darunter zur verstärkten Güllevergärung.

Das Wahljahr 2021 wirft bereits jetzt seine Schatten voraus. Bei den Landtagswahlen in sechs Bundesländern und der Bundestagswahl im Herbst werden die politischen Weichen für die kommenden Jahre gestellt. Die Tierhaltung steht an einem entscheidenden Punkt. Wie sieht der gesellschaftlich akzeptierte und wirtschaftlich zukunftsfähige Tierwohl-Stall aus? Werden die Vorschläge der Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung aufgegriffen und lässt sich ein für die Bauern tragfähiges Finanzierungsmodell finden? Ebenso die Biodiversität: Kann das Insektenschutzgesetz so gestaltet werden, dass Ökologie und Ökonomie in der Waage gehalten werden können? Werden Klimaschutzleistungen der Landwirte bezahlt? Entscheidend für die kommenden Jahre wird sein, bei allem Wunsch nach Veränderung, die Wertschöpfung auf den Betrieben zu erhalten. Dies ist notwendig, um jungen Landwirtinnen und Landwirten eine Perspektive zu geben.