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Bernhard Krüsken
Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes
Foto: Breloer/DBV

Zukunft wird normalerweise nicht in Kommissionen gemacht, sondern von Unternehmern und Unternehmen, von erfolgreichen Pionieren, von Märkten und Verbraucherentscheidungen, von gesellschaftlichen Trends und last but not least von den Rahmenbedingungen gesetzlicher, fiskalischer und ökonomischer Art. Die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) wurde eingesetzt, um die immer kontroverser und polarisierter geratene öffentliche und mediale Debatte um Landwirtschaft und Ernährung auf ein konstruktiveres Gleis zu bringen und sollte damit zumindest zum letztgenannten Punkt Empfehlungen erarbeiten, die nichts weniger als Zukunftsfähigkeit für die Landwirtschaft in Deutschland herstellen sollen. Entstanden auf Vorschlag der Landwirtschaft, um- und zusammengesetzt mit unübersehbarer Handschrift nichtlandwirtschaftlicher Gruppen hat die ZKL nun nach über 10 Monaten „geliefert“ und ihre Empfehlungen in einem umfangreichen Abschlussbericht vorgelegt. Die erste Frage lautet natürlich: Hat es sich gelohnt?

Es war die Übung wert

Die Antwort ist: Ja! Auch wenn in dem einen oder anderen Punkt Dissense und Kontroversen nicht wirklich ausgeräumt und mit Kompromissformeln aufgelöst worden sind, war es die Übung aus zwei Gründen wert. Zum einen gibt es nun für die Dauerkonfrontation zwischen Landwirtschaft und kritischen Gruppen aus dem Natur-, Umwelt- und Tierschutz eine ausgehandelte und ausgewogene Linie. Lernerlebnisse insbesondere auf der Naturschutz-Seite haben hier geholfen; aus der sonst gerne inszenierten verkürzten und zugespitzten Anklage in Richtung Landwirtschaft ist eine fachlich komplexe Befassung mit den Themen einschließlich Ergebnis geworden. Wer nun nachkartet, die Empfehlungen im politischen Alltag wieder verschärfen und wieder mit Pauschalkritik an der Landwirtschaft beispielsweise beim Spendensammeln punkten will, muss sich vorhalten lassen, das nicht um der Sache willen zu tun. Aber auch die Agrar- und Ernährungswirtschaft hat unter Beweis gestellt, dass sie bereit ist, den Weg zu einer nachhaltigeren Zukunft weiterzugehen. Dieser Bericht setzt Leitplanken für den zukünftigen politischen Diskurs über Landwirtschaft, die zwar keine rechtliche, aber politische Verbindlichkeit haben. Die Bauernfamilien erwarten, dass die hier gefundenen Gemeinsamkeiten von allen beteiligten Gruppen in der ZKL und von Seiten der Politik weitergetragen und nicht erneut in Frage gestellt werden.

Ausführliche Lektüre empfohlen

Zum anderen gibt es viele Empfehlungen im Sinne der Landwirtschaft. Zugegebenermaßen sind diese häufig unter einer anstrengenden, mitunter moralinsauren Transformationsrhetorik verborgen. Trotzdem ist eine ausführliche Lektüre des Berichtes empfohlen. Der wichtigste Punkt ist ein klares Bekenntnis zum Landwirtschaftsstandort Deutschland und zur Kernaufgabe, die Versorgungs- und Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Ebenso wichtig ist die Übereinkunft, dass bei allem Willen zur Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit die betriebswirtschaftliche Tragfähigkeit eine unabdingbare Voraussetzung ist. Nur wenn auf den Höfen Geld verdient wird, können auch Umweltleistungen erbracht werden. Nur eine ausreichende Wertschöpfung am Markt sichert die Zukunftsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe und motiviert junge Unternehmer für die Betriebsübernahme. Deshalb setzen die Empfehlungen der ZKL auf ökonomische Anreize zur Vermeidung externer Kosten und auf Förderinstrumente. Im Zielkatalog findet sich auch eine vielfältige Agrarstruktur und die Vorgabe, Verlagerungen der Erzeugung ins Ausland und sogenannte Leakage-Effekte zu vermeiden. Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft einschließlich der Finanzierung des Weges dorthin wird als gesamtgesellschaftliche Aufgabe definiert.

Weiterentwicklung der GAP

Auch gibt es einen klaren Vorrang für das Kooperationsprinzip und insbesondere für regionale Kooperationen zwischen Landwirtschaft, Vermarktern und Verbrauchern. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll weiterentwickelt werden, um der Landwirtschaft Planungs- und Investitionssicherheit zu geben. Die derzeitigen Direktzahlungen sollen demnach in den kommenden beiden Finanzperioden zu einem betriebswirtschaftlich attraktiven Förderangebot für die Landwirtschaft umgewandelt werden. In Fortführung des Kooperationsprinzips empfiehlt die ZKL, auch die Eco-Schemes und AKUM nach dem Niederländischem Kooperativen-Modell gestaltet werden, wobei der Freiwilligkeit dem Ordnungsrecht Vorrang zu geben ist. Weitere Stichworte sind neue Technologien, Bildung und Beratung, eine umfassende politischen Strategie für die Pflanzenzüchtung und Digitalisierung mit erheblichem Potenzial für mehr Nachhaltigkeit. Bei der Tierhaltung argumentiert die ZKL in die gleiche Richtung wie die Borchert-Kommission: Hohe Standards im Tier- und Umweltschutz sind ein wichtiges Argument für die Nutztierhaltung vor Ort, um die Fleischnachfrage abzudecken. Die Herausforderungen rund um die Tierhaltung spricht die ZKL offen an; hier sind Zugeständnisse an die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und der Trend zur stärker pflanzenbasierten Ernährung gemacht.