Nun hat das Verfassungsgericht das umstrittene Gebäudeenergiegesetz (GEG) „ins Kühlfach“ befördert. Dieser wenig vorzeigbare Abgang der Ampel-Koalition in die parlamentarische Sommerpause ist eigentlich ein Lehrstück darüber, wie Politik nicht funktioniert und wie man Akzeptanz für sinnvolle oder notwendige Veränderungsprozesse verspielt. Das Scheitern war aber schon lange vor dem Karlsruher Spruch angelegt und geht letztlich auf grundsätzliche Konstruktionsmängel des Gesetzentwurfs zurück.
Misserfolgsfaktoren waren 1. Das Prinzip Verbotspolitik in Verbindung mit erkennbar ideologisch motivierten Ausschlüssen von anderen Wegen, die zum gleichen Ziel führen würden; 2. Eine enorme Kleinteiligkeit von einzelnen technischen Vorgaben ohne fachlichen Sinn und Verstand (n. b. in einem Gesetz, nicht in einer Verordnung oder Verwaltungsvorschrift); 3. Große und andauernde Unklarheit über Umsetzung, Kontrolle und Rahmenbedingungen, die für das Gelingen des Heizungstausches erforderlich wären; 4. Das Fehlen von Anreizen, die die absehbaren wirtschaftlichen Zumutungen annähernd kompensieren können und schließlich 5. Beratungsresistenz und das rituelle pauschale Abstempeln von Kritikern als Klimaschutzbremser. Ach ja, und noch ein besonderes Schmankerl für Politikverdrossene: Die öffentliche Hand nimmt sich selbst und ihre Gebäude von den Verpflichtungen aus, die sie ihren Bürgern ohne mit der Wimper zu zucken aufdrücken will. Natürlich ist es einfach, im Nachhinein Fehleranalyse zu betreiben. Trotzdem muss man im Ergebnis festhalten, dass so ein Politikstil nicht nur bei den Betroffenen durchfällt, sondern das Ziel der Gesetzgebung und die angestrebte Veränderung vorhersehbar konterkariert und zurückwirft. Hilfreich ist das allenfalls für die kurzfristige Profilierung im eigenen kleinen Lager der Befürworter und natürlich für die Politikverdrossenheit und ihre Profiteure.
Weckruf für die 2. Halbzeit
Hier soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass es bei Gesetzesvorhaben aus der Agrar- und Ernährungspolitik genauso zugeht. Aber der eine oder andere Punkt findet sich in der Diskussion darüber durchaus wieder; man denkt an Themen wie die Umsetzung des Green Deal, Ergänzungen des Tierschutzgesetzes und seiner Verordnungen, den Immissionsschutz oder die Debatte um Flächenbeschaffung für den Naturschutz. Für unseren Politikbereich ist das deshalb so bedauerlich, weil es bereits eine erfolgreiche Blaupause für gemeinsam organisierte Veränderungsprozesse gibt: die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Die Vorzüge dieses Arbeitsmodells sind an dieser Stelle schon mehrfach dargestellt worden. Alle der genannten Misserfolgsfaktoren hätten neutralisiert werden können, wenn man die Empfehlungen und Leitlinien der ZKL berücksichtigt, Anleihen beim Arbeitsmodus gemacht, die Expertise der Betroffenen eingebunden und die geplanten Regelungen zu Ende gedacht hätte. Nun ist es nicht besonders motivierend, verpassten Chancen hinterher zu trauern. Die ZKL-Umsetzung ist trotz verbaler Bekundungen nicht ernsthaft in Gang gekommen und einige Akteure haben sich schon wieder von dem mühsam erarbeiteten Konsens verabschiedet. Aber gerade die schwache Halbzeitbilanz der Ampel-Koalition sollte ein Weckruf sein, um zu einem anderen, erfolgreicheren Politikstil zu kommen. Dafür darf auch bei der Zukunftskommission Landwirtschaft abgekupfert werden.