Tierhalter wollen mehr Tierwohl in ihre Ställe bringen, genehmigungsrechtlich ist ihnen allerdings oft der Umbau von Tierhaltungsanlagen verwehrt. Dies liegt an behindernden baurechtlichen Vorschriften, aber auch am Immissions- und Naturschutz. Die Landwirte sind dann zur Weiternutzung ihrer Ställe gezwungen, ohne Verbesserungen durchführen zu können.
In der vom Deutschen Bauernverband (DBV), der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht (DGAR) und der Edmund Rehwinkel-Stiftung durchgeführten Veranstaltung diskutierten die Teilnehmer mit der Bundesbauministerin Klara Geywitz und Experten das rechtliche Spannungsfeld „Tierwohl und Genehmigungsrecht“.
Dr. Holger Hennies, Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, verwies einleitend auf den ungebrochenen Willen der Landwirte zum Tierwohlstallumbau: „Die landwirtschaftlichen Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter sind zu Veränderung und Weiterentwicklung bereit. Dazu brauchen sie aber Genehmigungen für innovative und zukunftsorientierte Ställe.“ Da das aber bislang nicht gelungen sei, seien die Bauern frustriert und verlören langsam die Geduld.
Bundesbauministerin Klara Geywitz betonte daraufhin, dass auf ihre Initiative eine Änderung des Baugesetzbuches auf den Weg gebracht wurde, die es zahlreichen Betrieben ermögliche, den Anforderungen an Tierwohl nach dem Tierhaltungskennzeichnungsgesetz nachzukommen.
Landwirt Bernhard Schürmann konnte dazu nur feststellen, dass ihm das nicht nütze. Er wolle einen Geflügelstall tierwohlgerecht umbauen, was ihm aber nicht genehmigt werde, weil das geänderte Baugesetzbuch momentan nur Mastschweine erfasst.
Die weitere Diskussion im Berliner Forum machte deutlich, dass der gesellschaftliche Anspruch an mehr Tierwohl auf eine Vielzahl rechtlicher Hürden stößt. „Viele gute praktische Ansätze bleiben zum Verdruss der Landwirte im Genehmigungsverfahren stecken“, so Dr. Helmar Hentschke.
Dr. Christian Bock, Bereichsleiter Fördergeschäft der Landwirtschaftlichen Rentenbank, wies auf die stark gestiegenen Anforderungen an die Tierhaltung und die damit verbundenen Zielkonflikte hin. Er betonte aber auch die Bereitschaft der Landwirte, in den Umbau ihrer Betriebe hin zu einer tiergerechteren Haltung zu investieren. Um die Branche dabei zu unterstützen, gebe es vielfältige Fördermöglichkeiten, die teilweise auch kombiniert werden könnten. Aufgrund der Langfristigkeit der Investitionen sei jedoch Planungssicherheit unabdingbar.
Abschließend fasste Dr. Christian Köpl, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht, den rechtspolitischen Meinungsaustausch wie folgt zusammen: „Der Gesetzgeber muss bestehende und zukünftig zu erwartende Zielkonflikte zwischen Tierwohl einerseits sowie Baurecht und Klimaschutz andererseits aktiv angehen und lösen. Auch dürfen neue Anforderungen wie die Ernährungssicherung nicht unbedacht bleiben. Die DGAR ist bereit, sich mit ihrer Expertise aus Wissenschaft und anwaltlicher Praxis in den erforderlichen Dialog einzubringen.“ Die tierhaltenden Betriebe dürften im Dickicht der multiplen gesellschaftlichen und rechtlichen Anforderungen an die Landwirtschaft bei der Anpassung an Tierwohlerfordernisse nicht allein gelassen werden. Fest stehe, dass das Recht mehr Tierwohl in der landwirtschaftlichen Praxis unterstützen sollte, als es zu verhindern.