Behauptet wird, dass in den ländlichen Gebieten immer mehr Ställe gebaut werden und so die Umwelt stark geschädigt wird.
Tatsache ist, dass nur so viele Stallneubauten genehmigt werden, wie notwendig sind, um die Bevölkerung mit Lebensmitteln zur versorgen. Diese Bauvorhaben sind an strenge umwelt- und baurechtliche Bedingungen geknüpft.
Fakten:
Was bedeutet Baurechtliche Privilegierung?
- Anders als dieser Fachbegriff aus dem § 35 des Baugesetzbuches vermuten lässt, darf man auch auf dem Land nicht ohne Weiteres einen neuen Stall bauen. Grundsätzlich darf dort gar nicht gebaut werden.
- Der Gesetzgeber hat allerdings unter begrenzten Voraussetzungen den Außenbereich – also das ländliche Gebiet außerhalb bebauter Ortsteile – zum Bauen geöffnet. Hierzu zählt auch der Bau von Ställen für landwirtschaftliche Nutztiere. Die Tierhaltung ist gerade dort vor allem wegen ihrer Geruchsbildung sowie dem erhöhten Lärm- und Verkehrsaufkommen richtig aufgehoben.
- Landwirte werden im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens solcher Bauvorhaben gegenüber Nicht-Landwirten begünstigt. Gleiches gilt z. B. auch für Anbieter von Energie. Wie jeder andere Bauherr auch, benötigt jedoch auch der Landwirt dafür eine Baugenehmigung.
Was bedeutet diese "Privilegierung" nun in der Praxis?
- Erst wenn der Bau nach § 35 Baugesetzbuch „einem landwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt“, kommt der Außenbereich für ein solches Vorhaben in Frage.
- Das heißt, es muss zunächst ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliegen. Darüber hinaus muss der Neubau diesem landwirtschaftlichen Betrieb „dienen“: Hierfür sind neben den betrieblichen Erfordernissen auch räumliche Vorgaben zu beachten. Es muss in der Nähe der bereits existierenden Hofstelle wirtschaftlich Sinn machen.
- Wichtig ist weiter, dass der Stall nicht gegen öffentliche Belange verstößt. Stehen beispielsweise Boden- oder Naturschutz, der Gesundheitsschutz der in der Nähe wohnenden Gemeindemitglieder oder der Schutz der Landschaft und ihres Erholungswertes entgegen, wird eine Baugenehmigung nicht erteilt.
Ist der Stallbau an die Fläche gebunden?
- Was „Landwirtschaft“ im baurechtlichen Sinne bedeutet, steht ebenfalls im Baugesetzbuch. Dort steht, dass eine Tierhaltung nur dann „landwirtschaftlich“ ist, wenn das Futter für die Tiere überwiegend auf den zum Betrieb gehörenden Flächen angebaut wird.
- Will der Landwirt einen Stall ohne diese entsprechenden Futteranbauflächen errichten, spricht der Gesetzgeber von "gewerblichem" Stallbau. Hier hat der Gesetzgeber jedoch Obergrenzen festgelegt. Bei Mastschweinen liegt diese beispielsweise bei maximal 1.500 Tierplätzen.
- Größere Vorhaben sind dann nicht mehr baurechtlich privilegiert: So kann der Neubau baurechtlich verweigert werden, wenn schon niedrigere Umwelt- und Naturschutzbelange vorliegen. Seit dem 1. September 2023 gilt der Tierwohlstallumbau in engem Umfang als reprivilegiert. Das heißt, für einen Umbau zum Erreichen der Haltungsformen 3 bis 5 des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes benötigen diese Betriebe nicht mehr eines Bebauungsplans. Vielmehr steht ihnen die Außenbereichsgenehmigung nach § 35 BauGB (wieder) zur Verfügung.
Werden Stallbauten auch auf ihre Umweltauswirkungen überprüft?
- Ja, das werden sie, und zwar mithilfe des Immissionsschutzrechts. Dieses Gesetz dient vor allem der Luftreinhaltung und Lärmbekämpfung. Deshalb unterliegen auch Bau und Betrieb von Tierhaltungsanlagen den strengen Vorgaben dieses Gesetzes.
- Ab einer bestimmten Tierplatzgröße muss der Landwirt auch eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung einholen. Stehen mehrere Ställe dicht beieinander, werden deren Tierplätze zusammengezählt. Aber auch unterhalb dieser Grenzen muss der Landwirt berücksichtigen, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden. Wenn sie unvermeidbar sind, müssen sie auf ein Mindestmaß beschränkt werden.
- Zudem gilt: Ab einer bestimmten Stallgröße müssen Landwirte eine so genannte Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen. Dabei werden sämtliche Auswirkungen des geplanten Stalls auf Boden, Wasser, Luft, Klima und Biodiversität geprüft.
- Sollten Umweltauswirkungen nicht zu vermeiden sein, muss der Landwirt seinen Stall baulich so anpassen, dass er diese vermeidet.
Was passiert mit der Abluft im Stall?
- Tierhaltung verursacht Emissionen und somit auch Gerüche. Mitunter ist der Abstand eines Stalles zu benachbarten Wohnsiedlungen oder zum Wald jedoch zu gering, um sie vor diesen Umwelteinwirkungen zu schützen. Sollten in diesen Fällen alle Maßnahmen zur Minderung, z. B. über die Fütterung, die Entmistung oder die Ableitung der Stallemissionen nicht ausreichen oder können nicht umgesetzt werden, um den Immissionsschutz zu gewährleisten, muss der Landwirt notfalls eine technische Anlage zur Abluftreinigung einbauen.
Werden unsere Felder mit Gülle überschwemmt?
- Die Ausscheidungen von Schweinen, Rindern und Geflügel sind als Mist, Jauche oder Gülle wichtige Düngemittel. Als wirtschaftseigene Dünger werden sie auf die Äcker und das Grünland ausgebracht, um den Bedarf der Kulturpflanzen an Nährstoffen zu decken. Betriebe, die diese Wirtschaftsdünger ausreichend einsetzen können, brauchen keinen Mineraldünger zukaufen. Durch den Einsatz von Wirtschaftsdüngern im Pflanzenbau werden wichtige betriebseigene Kreisläufe geschlossen. Im ökologischen Landbau sind sie eine unverzichtbare Form der Düngung.
- Der Landwirt muss entsprechend des Pflanzenbedarfs düngen. Weder über Gülle, noch Mineraldünger dürfen zu hohe Nährstoffmengen ausgebracht werden. Dazu gibt es in Deutschland ein umfangreiches Regelwerk. Die Landwirte müssen Gülle für sechs Monate lagern können, um diese immer zum richtigen Zeitpunkt für die Düngung einsetzen zu können. Hierfür dienen auch Sperrfristen im Winter, in denen Düngemittel nicht verwendet werden dürfen, um Austräge in das Grundwasser zu vermeiden.
Belastet die Gülle aus der Tierhaltung das Grundwasser in Deutschland?
- In ganz Deutschland werden dem Grundwasser an über 1.000 Messstellen regelmäßig Proben entnommen und das Trinkwasser als wichtigstes Lebensmittel ständig überwacht. Der Nitratbericht 2016 der Bundesregierung bestätigt für den Zeitraum 2012 bis 2014, dass in Deutschland an rund 82 % der Messstellen das Grundwasser Trinkwasserqualität hat. Das bedeutet, dass der strenge Trinkwassergrenzwert von 50 mg Nitrat pro Liter Wasser ohne eine Behandlung des Grundwassers eingehalten wird. Dort, wo das Grundwasser noch nicht über Trinkwasserqualität verfügt, arbeiten die Landwirte in sogenannten Wasserkooperationen mit den Wasserwerken an Verbesserungen.
Werden aktuell tatsächlich so viele neue Ställe gebaut?
- Mangels Planungssicherheit werden so gut wie keine neuen Ställe mehr gebaut. Zum einen fehlt die finanzielle Honorierung von Tierwohlmaßnahmen. Zum anderen sind die jeweiligen Rechtsgebiete nicht aufeinander abgestimmt. Was das Baurecht zulässt, holt das überbordende Umweltrecht wieder zurück. Auch Umbaumaßnahmen für mehr Tierwohl scheitern meist daran.