Zucht von Milchkühen
Faktencheck Landwirtschaft

Zucht von Milchkühen

Wie werden unsere Kühe gezüchtet? Welche Rolle spielt die Gesundheit der Kühe? Diese und weitere Fragen werden in diesem Faktencheck geklärt.

Wie werden unsere Kühe gezüchtet?

Es gibt in Deutschland rund 3,9 Millionen Milchkühe, die durchschnittlich in Herden mit 70 Kühen leben. In ca. 56.000 Milchviehbetrieben werden täglich Kühe versorgt und gemolken1. Mehr als die Hälfte der deutschen Kühe gehören zur Rasse Deutsche Holstein. Diese werden überwiegend im Norden und in der Mitte Deutschlands gehalten. Ungefähr ein Viertel aller Milchkühe sind Fleckviehkühe und zählen damit zur Doppelnutzungsrasse für die Milch- und Fleischerzeugung. Fleckviehkühe stehen vor allem in Süddeutschland. Die restlichen Kühe gehören unter anderem zu den Rassen Braunvieh, Rotvieh, Vorderwälder und Jersey2. In Deutschland herrscht unter den Milchkühen eine bunte Rassenvielfalt mit unterschiedlichen Eigenschaften und Ansprüchen.

Welche Rolle spielt die Gesundheit der Kühe?

Das Ziel einer jeden Zucht ist es, vitale Tiere zu züchten, die eine wirtschaftliche Nutztierhaltung ermöglichen. Aus diesem Grund wird bereits seit dem Jahr 1997 nicht nur auf Milchleistung und Inhaltsstoffe der Milch gezüchtet, sondern es werden auch Fitnessmerkmale (sog. funktionale Merkmale) berücksichtigt. Diese Merkmale sind heute bereits wichtiger als die eigentliche Milchleistung.

Für die besondere Berücksichtigung der Fitness und Gesundheit von Milchkühen in der Zucht führte die deutsche Holsteinzucht bereits zum April 2019 den neuen Gesundheitszuchtwert „RZGesund“ ein. Dieser eigenständige Zuchtwert beinhaltet u. a. Merkmale wie Euter-, Klauen- und Stoffwechselgesundheit. Er zeigt an, welche Vererber (Bullen) besonders widerstandsfähige Nachkommen hervorbringen.

Im April 2021 wurde dieser Gesundheitszuchtwert, neben dem Zuchtwert für die Kälberfitness, in den Gesamtzuchtwert „RZG“ aufgenommen. Damit verringert sich die Bedeutung der Zuchtwerte für Milchleistung (RZM), Nutzungsdauer (RZN) und Fruchtbarkeit (RZR) zugunsten der Gesundheitszuchtwerte. Die Tiergesundheit wird in der Herde züchterisch verbessert. Somit vereint er in seiner Gewichtung alle wichtigen Schwerpunkte des Zuchtziels für die Rasse Deutsche Holstein3.

Wie alt werden unsere Kühe?

Kühe der beiden Hauptrassen Deutsche Holstein bzw. Fleckvieh gaben im Jahr 2020 im Durchschnitt rund 9.800 kg bzw. 8.000 kg Milch in der Milchkontrolle. Damit hat sich die Milchleistung in den letzten zehn Jahren bei den Holstein-Kühen um rund 10 Prozent und bei den Fleckviehkühen um rund 14 Prozent erhöht. Im Gegenzug ist das Alter bei beiden Rassen trotz gestiegener Leistung de facto stabil geblieben (s. Grafik)4. Das ist zum einen das Ergebnis der verstärkten Zucht auf Fitness, zum anderen wurde dies auch durch sorgfältiges Herdenmanagement und entsprechenden „Kuhkomfort” erreicht.

Untersuchungen von Milchviehherden aus Mecklenburg-Vorpommern zeigen, dass hohe Milchleistung nicht unbedingt einen schlechteren Gesundheitsstatus auslöst. Die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern hat mit einem umfassenden Datensatz, weltweit einem der genauesten, ermittelt, dass Kühe mit höherer Herdenleistung sogar länger gemolken und damit auch älter werden. Milchkühe mit einer höheren Milchleistung müssen nicht zwangsläufig öfter behandelt werden als Kühe mit einem niedrigeren Leistungsniveau.5, 6

Mit einer hohen Milchmenge pro Kuh können die Milchviehhalter nachhaltiger und damit auch umweltfreundlicher Milch gewinnen. Eine Kuh mit einer höheren Milchleistung schont die Umwelt und das Klima zum Beispiel durch geringere Methanemissionen je Liter Milch stärker als eine Kuh, die weniger Milch gibt. Die Landwirtschaft muss sich, wie jeder andere Wirtschaftsbereich auch, stetig weiterentwickeln. Die Erkenntnisse in den Bereichen Tiergesundheit und Herdenmanagement haben sich enorm entwickelt. Gleichzeitig ist aber auch der wirtschaftliche Druck stärker geworden. Dabei setzen die Milchviehhalter auf eine Balance zwischen Milchleistung und Tiergesundheit.

Quellen:

1 Statistisches Bundesamt (März 2021)

2 BRS-Jahresberichte des Bundesverbandes Rind und Schwein (2019): „Rinder- und Schweineproduktion in Deutschland“

3 BRS-Bundesverbandes Rind und Schwein (2021): www.richtigzuechten.de

4 ADR-Jahresberichte der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter (versch. Jg.): „Rinderproduktion in Deutschland“

5 Römer, A. (Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern) (2018): Lang lebe die Kuh! – Strategien zur Verlängerung der Nutzungsdauer, Vortrag, Fruchtbarkeitsseminar der RUW, 06.12.2018 Haus Düsse; aktualisiert (2021)

6 Boldt, A.; Römer A. (Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern) (2015): Das Testherdenprojekt der RinderAllianz - Basis für die Forschung zur Gesunderhaltung der Milchkuh. 42. Jahrestagung Arbeitsgemeinschaft Embryotransfer deutschsprachiger Länder, Dummerstorf, S. 12- 13; aktualisiert (2021)